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 Wissenschaft 2.0
claus Offline



Beiträge: 12

30.08.2009 07:31
Emergenz Antworten

Versuch einer Definition:

Das bedingte Entstehen qualitativer System-Eigenschaften,
die irreduzibel auf dem Zusammenspiel aller Komponenten beruhen

Kommentare zur Definition:

- Dies ist eine Weiterentwicklung einer älteren Definition aus folgendem Vorlesungsskript: http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...isation_ALL.pdf

- Es spielt keine Rolle, ob die emergente Eigenschaft theoretisch vorhergesagt wird, oder ob ihre Erklärung erst lange nach ihrer überraschenden Entdeckung gelingt. Die Geschwindigkeit, mit der ein Phänomen verstanden wird, hängt ja von vielen zufälligen Faktoren ab, wie etwa von der Intelligenz und den Mitteln der beteiligten "Wissenschaftler".

- Die emergente System-Eigenschaft soll objektiv nachweisbar sein und von qualitativer, diskreter Art sein. Somit hat das System entweder diese Eigenschaft, oder eben nicht. (In der Realität haben Eigenschaften fast nie diesen scharfen, diskreten Charakter, sondern es gibt kontinuierliche Übergänge. Wird zum Beispiel ein realer, nicht-idealer, geladener Kondensator mit einer realen Spule zu einem Schwingkreis verschalten, entsteht eine gedämpfte zeitliche Oszillation des Stromes. Dies kann als emergente Eigenschaft gewertet werden. Sie liegt umso reiner vor, je geringer die Dämpfung durch ungewollte ohmsche Widerstände. Die perfekte Sinus-Schwingung ist eine Idealisierung.)

- Angenommen, das System wird sukzessive aus seinen Komponenten aufgebaut. Erst nachdem der komplette Satz notwendiger Komponenten installiert ist, wird die emergente Eigenschaft auftreten (bedingtes Entstehen). Die Wegnahme einer beliebigen System-Komponente/Wechselwirkung führt bereits zum Verschwinden der emergenten Eigenschaft (irreduzibel).

- Die emergente Eigenschaft ermöglicht die Definition der Klasse aller Systeme, welche diese Eigenschaft besitzen. Die Elemente dieser Klasse können ganz verschieden sein, denn eine gegebene abstrakte Funktion kann i.a. auf verschiedene Weise realisiert werden (Sinusartige oszillierende Ströme könnte man z.B. auch durch einem Computer mit D/A-Wandler erzeugen, was auf einem völlig anderen Prinzip beruht).

- System-Eigenschaften erkennt man dadurch, daß man das interessierende System (die "Probe") in eine bestimmte, kontrollierte Umwelt bringt (Experiment, Meßaufbau). Dann läßt man Vorgänge im gekoppelten System "Meßaufbau+Probe" ablaufen, die im Meßaufbau bestimmte Spuren hinterlassen (Meßwerte). Die Analyse der Spuren gibt Hinweise auf die besonderen Eigenschaften des Systems. Menschlich gesprochen stellt man "Fragen" an die Probe und erhält "Antworten".

- Es kann nun bei komplexen Systemen durchaus vorkommen, daß das System emergente Eigenschaften besitzt, die man einfach deshalb nicht erkennt, weil man die entsprechenden Fragen noch nie gestellt hat. Wenn man nicht gezielt danach sucht, wird man diese Eigenschaften, die uns vielleicht zunächst ganz unwichtig und unnütz erscheinen mögen, niemals finden (Geniale Menschen zeichnen sich ja oft dadurch aus, daß sie erstmals den möglichen technischen Nutzen einer Systemeigenschaft erkennen).

- Das Problem mit der Emergenz liegt also nicht darin, daß man die System-Antwort auf eine bestimmte Frage nicht voraussagen kann, sondern in unserer Unfähigkeit, im gigantischen Raum möglicher Fragen die interessantesten zu finden.

- Folgende Artikel sollte man vielleicht zum Thema Emergenz lesen:

http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...EmergenceSO.pdf

http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...rgenceScope.pdf

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