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  • Das große ProblemDatum27.06.2010 21:00
    Foren-Beitrag von claus im Thema Das große Problem

    (0) Arthur, zunächst einmal besten Dank für deinen äußerst stimulierenden letzten Post. Wäre ich im Augenblick nicht mitten in der heißen Phase zweier wichtiger Projekte, würde ich gerne viel ausführlicher darauf antworten. So aber vorerst nur ein paar spontane Bemerkungen. An die einzelnen von Dir angesprochenen Punkte sollten wir zu einem günstigeren Zeitpunkt noch im Detail anknüpfen.

    (1) Vielleicht können wir einen Teil der von Dir aufgezählten herausragenden Eigenschaften des menschlichen Denkens - im Kontrast zu den kognitiven Leistungen heutiger künstlicher Systeme (KI, neuronale Netze) - mit dem Gegensatzpaar "flüssiges" versus "festes" Denken umschreiben und zusammenfassen.

    Der Festkörper steht hier symbolisch für Starrheit, Regelmäßigkeit und Brüchigkeit, die Flüssigkeit für
    geschmeidige Anpassungsfähigkeit und überraschende Dynamik. Das andere wichtige Gegensatzpaar "bewußt" - "unbewußt" möchte ich vorerst getrennt betrachten.

    (2) Ich gebe Dir recht, daß heutige künstliche Systeme immer noch einen sehr "festen" Eindruck machen, ganz
    besonders im Bereich der KI, etwas weniger bei den künstlichen neuronalen Netzen. Allerdings sollte man nach meiner Meinung hieraus nicht den voreiligen Schluß ziehen, es sei grundsätzlich unmöglich, künstliche komplexe dynamische Systeme zum "flüssigen" Denken zu bringen.

    (3) Ein Netzwerk aus 10 hoch x künstlichen Neuronen mit kontinuierlichen Aktivitätsgraden hat einen ungeheuer großen Zustandsraum. Schon bei nichtlinearen Systemen mit sehr wenigen Komponenten muß man oft lange im Parameterraum suchen, bis man die "Inseln" findet, in welchen plötzlich interessantes Verhalten auftritt. Man denke nur an Conway's "Game of Life": Schon zelluläre Automaten mit minimal anderen Regeln zeigen nur langweiliges Verhalten. Wir haben heute keine brauchbaren Heuristiken, mit denen wir gezielt die "flüssigen" Phasen komplexer Systeme aufspüren könnten. Stattdessen geben wir einfache Ziele vor, trainieren das Netz mit Backpropagation für diese spezielle Aufgabe, und wundern uns dann, warum das Ergebnis niemals
    "über sich hinaus wächst".

    (4) Natürliche kognitive Systeme haben auch den Vorteil eines hochkomplexen Körpers mit fantastischen Sinnesorganen und Aktoren, sowie den des graduellen Aufwachsens in einer komplexen Welt mit Ko-Organismen. Ich glaube daher auch, daß Fortschritte im
    künstlichen "flüssigen" Denken eher aus der Robotik kommen werden.

    (5) Wir haben auch noch nicht alle Resourcen ausgeschöpft, die für "flüssiges" Denken relevant sein
    könnten, wie z.B. stochastische statt deterministische Dynamik, kontinuierlicher statt diskreter Zustandsraum, oder die nicht-klassischen Effekte des Quantumcomputing.

    (6) Die wichtigste Resource haben wir nach meiner Meinung noch gar nicht begonnen auszuschöpfen: Die Fähigkeit eines Systems zum unbegrenzten Wachstum unter Beibehaltung der bereits funktionierenden Funktionen. Einen wichtigen Schlüssel hierzu vermute ich in der Kombination von
    (a) ineinandergreifenden Regelkreisen (die gegen Veränderung gut geschützt sein müssen und dafür sorgen, daß trotz ständiger Fluktuationen und Umbrüche im System alle zum Funktionieren essentiellen Randbedingungen erhalten
    bleiben) und
    (b) positiven Rückkopplungs-Schleifen (die zufällig auftretende, anfänglich kleine neue Trends wachsen lassen können). Ein System dieser Art, auf das man wirklich aufbauen könnte, wäre ungeheuer robust: Man könnte z.B. problemlos "in run time" Komponenten
    herausnehmen oder hinzufügen. Es könnte daher wachsen und sich evolutiv weiterentwickeln.

    (7) Ähnlich wie in (6) laufen nach meiner introspektiven Erfahrung auch kreative Denkprozesse ab: Es gibt
    Randbedingungen des Problems, die nicht angetastet werden dürfen. Wie in einer gut geheizten Flüssigkeit
    entstehen ständig neue kleine Turbulenz-Muster. Viele, die nicht komplett mit allen Randbedingungen
    verträglich sind, werden gleich wieder von den Regelkreisen unterdrückt. Irgendwann taucht eine passende Fluktuation auf, die ungehemmt wachsen
    kann und schließlich dominiert: Wie eine stabile Konvektions-Walze.

    (8) In (1) habe ich die Achsen "fest"-"flüssig" und "unbewußt"-"bewußt" entkoppelt, weil ich nicht überzeugt bin, daß beiden Gegensatzpaare notwendig zusammengehören. Viele Leute glauben, es gäbe so etwas wie ein geheimnisvolles "Selbst", welches sowohl für das Bewußtsein wie auch für das "flüssige" Denken verantwortlich ist. Ich dagegen könnte mir wachstums-
    und evolutionsfähige Roboter vorstellen, die in einer menschlichen Kultur ähnlich aufwachsen wie unsere
    Kinder. Sie würden vielleicht irgendwann sprechen lernen und den Turing-Test bestehen - ohne daß wir uns jemals darum gekümmert haben, ihnen "Bewußtsein" einzubauen.

    (9) Aufgrund meiner buddhistischen Neigungen bin ich ein Anhänger der Idee des Nicht-Selbst: Eine Person hat
    keinen "Selbst-Kern", sondern ist ein Strom von Ereignissen, eingebettet in den Ereignis-Strom der Umwelt. Ich glaube, wir lernen intersubjektiv, einen Teil dieses Ereignisstroms als unser Selbst abzugrenzen. Durch Kommunikation mit anderen Lebewesen werden wir immer wieder in dieser Illusion bestärkt.

    (10) Wie das Bewußstsein mit dem durch Re-enforcement antrainierten Selbst-Kern zusammenhängt, verstehe ich natürlich auch nicht. Es gibt aber zahllose Berichte von Buddhisten, die nach jahrelangem De-enforcement-Training einen Zustand der Selbstlosigkeit realisieren und dennoch von einem überaus klaren Bewußtsein sprechen. Ist Bewußtsein
    also teilweise unabhängig vom Selbst-Konzept ? Jedenfalls bin ich mir recht häufig irgendwelchen Dingen bewußt, ohne gleichzeitig meiner Selbst bewußt
    zu sein, z.B. in den wunderbaren Flow-Zuständen beim Arbeiten oder Musik machen. Schwierige Sache ....

    Soviel für heute.

  • EmergenzDatum30.08.2009 07:31
    Thema von claus im Forum Wissenschaft 2.0

    Versuch einer Definition:

    Das bedingte Entstehen qualitativer System-Eigenschaften,
    die irreduzibel auf dem Zusammenspiel aller Komponenten beruhen

    Kommentare zur Definition:

    - Dies ist eine Weiterentwicklung einer älteren Definition aus folgendem Vorlesungsskript: http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...isation_ALL.pdf

    - Es spielt keine Rolle, ob die emergente Eigenschaft theoretisch vorhergesagt wird, oder ob ihre Erklärung erst lange nach ihrer überraschenden Entdeckung gelingt. Die Geschwindigkeit, mit der ein Phänomen verstanden wird, hängt ja von vielen zufälligen Faktoren ab, wie etwa von der Intelligenz und den Mitteln der beteiligten "Wissenschaftler".

    - Die emergente System-Eigenschaft soll objektiv nachweisbar sein und von qualitativer, diskreter Art sein. Somit hat das System entweder diese Eigenschaft, oder eben nicht. (In der Realität haben Eigenschaften fast nie diesen scharfen, diskreten Charakter, sondern es gibt kontinuierliche Übergänge. Wird zum Beispiel ein realer, nicht-idealer, geladener Kondensator mit einer realen Spule zu einem Schwingkreis verschalten, entsteht eine gedämpfte zeitliche Oszillation des Stromes. Dies kann als emergente Eigenschaft gewertet werden. Sie liegt umso reiner vor, je geringer die Dämpfung durch ungewollte ohmsche Widerstände. Die perfekte Sinus-Schwingung ist eine Idealisierung.)

    - Angenommen, das System wird sukzessive aus seinen Komponenten aufgebaut. Erst nachdem der komplette Satz notwendiger Komponenten installiert ist, wird die emergente Eigenschaft auftreten (bedingtes Entstehen). Die Wegnahme einer beliebigen System-Komponente/Wechselwirkung führt bereits zum Verschwinden der emergenten Eigenschaft (irreduzibel).

    - Die emergente Eigenschaft ermöglicht die Definition der Klasse aller Systeme, welche diese Eigenschaft besitzen. Die Elemente dieser Klasse können ganz verschieden sein, denn eine gegebene abstrakte Funktion kann i.a. auf verschiedene Weise realisiert werden (Sinusartige oszillierende Ströme könnte man z.B. auch durch einem Computer mit D/A-Wandler erzeugen, was auf einem völlig anderen Prinzip beruht).

    - System-Eigenschaften erkennt man dadurch, daß man das interessierende System (die "Probe") in eine bestimmte, kontrollierte Umwelt bringt (Experiment, Meßaufbau). Dann läßt man Vorgänge im gekoppelten System "Meßaufbau+Probe" ablaufen, die im Meßaufbau bestimmte Spuren hinterlassen (Meßwerte). Die Analyse der Spuren gibt Hinweise auf die besonderen Eigenschaften des Systems. Menschlich gesprochen stellt man "Fragen" an die Probe und erhält "Antworten".

    - Es kann nun bei komplexen Systemen durchaus vorkommen, daß das System emergente Eigenschaften besitzt, die man einfach deshalb nicht erkennt, weil man die entsprechenden Fragen noch nie gestellt hat. Wenn man nicht gezielt danach sucht, wird man diese Eigenschaften, die uns vielleicht zunächst ganz unwichtig und unnütz erscheinen mögen, niemals finden (Geniale Menschen zeichnen sich ja oft dadurch aus, daß sie erstmals den möglichen technischen Nutzen einer Systemeigenschaft erkennen).

    - Das Problem mit der Emergenz liegt also nicht darin, daß man die System-Antwort auf eine bestimmte Frage nicht voraussagen kann, sondern in unserer Unfähigkeit, im gigantischen Raum möglicher Fragen die interessantesten zu finden.

    - Folgende Artikel sollte man vielleicht zum Thema Emergenz lesen:

    http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...EmergenceSO.pdf

    http://lpmt090.biomed.uni-erlangen.de/~c...rgenceScope.pdf

  • Ein fiktives Interview über ReligionDatum02.03.2009 10:08
    Thema von claus im Forum Religion 2.0
    X.Y:

    Herr M., sind sie Atheist ?

    C.M.:

    Spontan neige ich dazu, einfach ja zu sagen. Aber man muß genau aufpassen, wie die Begriffe heute verwendet werden. Wie oft bei solchen eher philosophischen Fragen ist die Sprache eine endlose Quelle von Mißverständnissen.

    Ich habe im Laufe der Jahre mein privates Verständnis von Religion entwickelt, wobei ich u.a. stark von der Wissenschaft und vom Buddhismus beeinflußt wurde. Dabei haben sich meine persönlichen Assoziationen zu (und Interpretationen von) gewissen religiösen Schlüsselbegriffen langsam verschoben. Und nun bin ich mir oft nicht mehr ganz sicher über die "offizielle" Bedeutung dieser Begriffe.

    Aber gut, ein Atheist ist doch im engeren Sinns jemand, der die Existenz Gottes bezweifelt. In diesem Fall gehöre ich sicherlich zu dieser Gruppe. Und schon gehen die Detailfragen los: Denn was soll das heute schon noch bedeuten, "Gott" ?

    X.Y:

    Naja, Christen verstehen unter Gott ein persönliches Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten, das ewig existiert, die Welt erschaffen hat, an der Lebensführung von uns Menschen interessiert ist...

    C.M.:

    Diese Vorstellung erscheint mir so absurd, kindisch und peinlich, daß ich eigentlich gar nicht weiter darüber reden will. Mir tun solche Menschen schrecklich leid. Offensichtlich haben sie es nicht geschafft, sich aus der Angst-Falle einer anerzogenen Kinder-Religion zu befreien und selbständig Denken zu lernen. Man sollte solchen Personen kostenlose psychologische Hilfe anbieten.

    Allerdings gibt es neben dem naiven Theismus ja noch raffiniertere Varianten, von denen ich mich nicht ganz so abgestoßen fühle.

    Insbesondere den Panthesimus, dem ja angeblich auch Einstein zugetan gewesen sein soll. Die Idee, das "Göttliche" in den ganz normalen naturgesetzlichen Abläufen und Erscheinungen des Universums zu sehen, hat auf ihre Anhänger sicherlich einen positiven Einfluß. Es muß großartig sein, wenn man allen Dingen mit Achtung und Ehrfurcht begegnen kann.

    Ich kann das aber nicht - nicht ohne gezielte Übung. Ich finde überhaupt, der Panthesimus spendet keinen Trost und bieten auch sonst keine konkrete Lebenshilfe.

    X.Y.:

    Muß Religion Trost spenden ?

    C.M.:

    Unbedingt. Ich glaube, dies ist die ursprüngliche Triebfeder und Daseinsberechtigung der Religionen: Wir sind leidensfähige Wesen mit (zumindest subjektiver) Entscheidungsfreiheit. Und wir sehnen uns schlicht nach dauerhafter Minderung des Leids und nach "endgültigen" Entscheidungshilfen. Diese Funktionen sollten Religionen idealerweise erfüllen.

    X.Y.: "Entscheidungshilfen" meint hier so etwas wie den "Sinn des Lebens" ?

    C.M.:

    Das ist auch wieder so ein verfänglicher Begriff ! Ich bin der Meinung, daß diese scheinbar so wichtige Frage nach dem Sinn des Lebens einfach ein Ausdruck von Unlust ist.

    X.Y.:

    Wie bitte ?

    C.M.:

    Ja, Unlust ! Solange wir uns wohlfühlen und z.B. ganz in einer Tätigkeit versunken sind - heute nennt man das ja gerne den "Flow"-Zustand - stellt sich niemals die SdL-Frage. Nur wenn wir in ein neues psychisches "Tief" geraten, die Bindungen an die Bezüge des Hier und Jetzt vorübergehend verlieren, erscheint das Leben plötzlich sinnlos.

    In solchen unbefriedigenden Situationen versuchen sich manche Menschen zu behelfen, indem sie sich etwas kaufen, irgendein Objekt der Begierde. Sie denken: "Wenn ich nur dieses Ding erst habe, wird es mir besser gehen". Natürlich wird das neue Ding aber sehr schnell langweilig und die nächste Krise steht bevor.

    Philosophischere Naturen sehnen sich stattdessen nach einem ultimativen Unlust-Hemmer, dem sogenannten Sinn des Lebens. Aber ich fürchte, damit verhält es sich ähnlich wie mit den materiellen Objekten: Sie werden leicht langweilig und verlieren an Glanz.

    Ich jedenfalls fühle mich in einem Universum ohne festgelegten Sinn viel wohler. Offene Freiheit, viele Möglichkeiten...

    X.Y.:

    Dann haben Sie also keine Religion nötig ?

    C.M.:

    Oh, doch ! Zwar kann ich mit theistischen Religionen nichts anfangen, aber ich habe dringenden Bedarf an dauerhafter Minderung des Leids.

    X.Y.:

    Könnten nicht Wissenschaft und Technik diese Funktionen erfüllen ?

    C.M.:

    Eine verführerische Frage an einen Wissenschaftler ! Aber ich fürchte, die heute bekannten Naturwissenschaften und Ingenieurs-Techniken können diese Funktionen alleine nicht leisten.

    Unsere Zufriedenheit hängt ja von zwei Faktoren ab: Einmal die Beschaffenheit unserer Lebens-Umwelt und zum anderen die Art und Weise, wie unsere Psyche die Sinnes-Eindrücke von dieser Umwelt verarbeitet. Was den Zustand der Umwelt angeht, haben wir heute in der Tat durch Technik wesentlich größere Einflußmöglichkeiten als früher.

    Aber dummerweise hat unser auf Optimierung getrimmtes Gehirn die Eigenschaft, sich sehr schnell an objektiv verbesserte Lebensumstände zu gewöhnen. Die werden einfach zum neuen Standard und es kommt wieder Unzufriedenheit auf und der Wunsch nach weiterer Verbesserung der Situation. Aufgrund dieser tief verwurzelten Gier können wir trotz aller Technik keine dauerhafte Zufriedenheit erlangen - wir fallen immer wieder in einen Zustand des Leidens zurück.

    Und auch bei der persönlichen Entscheidungsfindung hat die Wissenschaft ihre Probleme. So kann man zwar in bestimmten, wohldefinierten Entscheidungs-Situationen mithilfe mathematischer Methoden optimale Lösungen finden. Aber die Art von Entscheidungen, die langfristig unser Wohlbefinden beeinflussen, sind von ganz anderer Art ...

    X.Y.:

    Meinen Sie damit jetzt politische Entscheidungen ?

    C.M.:

    Die sicher auch. Aber ich glaube, daß die für unser persönliches Glück besonders relevanten Entscheidungen weitgehend unbewußt ablaufen, und zwar auf einer ganz kurzen Zeitskala von vielleicht Zehntelsekunden.

    Unser Gehirn muß laufend entscheiden, wo unsere Augen als nächstes hinschauen, wie wir uns bewegen, welchen Gedanken wir nachhängen, wie wir die aktuellen Sinneseindrücke interpretieren sollen, wie wir etwas kommunizieren, usw.. Im Laufe der Zeit graben sich so in unserem Gehirn bestimmte wiederkehrende Muster ein. Diese Muster - also letztlich unser Charakter, unsere persönliche Note, unser Stil - bilden die Grundlage für unser Glück oder Unglück. Sie bestimmen auch zu einem großem Teil unser objektives "Schicksal". Und die meisten Menschen haben so gut wie keine bewußte Kontrolle über diese Mikro-Entscheidungen.

    X.Y.:

    Wäre das nicht eine Aufgabe der Psychologie, hier Methoden der Einflußnahme anzubieten ?

    C.M.:

    Das wäre in der Tat sehr wünschenswert. Und es gibt ja wirklich Methoden wie autogenes Training oder NLP, die aus der Psychologie kommen und in diese Richtung zielen.

    Aber nach meiner Meinung ist die Königs-Disziplin auf dem Gebiet der psychischen Mikrokontrolle der Buddhismus.

    Wenn man alles unnötige Brimborium abzieht, mit dem im Laufe der Jahrhunderte leider auch der Buddhismus beladen wurde, reduziert er sich nach meiner Meinung genau auf eine systematische Selbst-Therapie mit dem Ziel, den mikroskopischen Fluß unserer Psychodynamik so zu steuern, daß langfristig eine weniger leidvolle Lebensweise herauskommt.

    X.Y.:

    Dann sind sie also überzeugter Buddhist ?

    C.M.:

    Wenn ich mich überhaupt mit irgendeiner "Religion" anfreunden kann, dann mit dieser. Ich möchte hier nur ein paar sympathische Punkte nennen, die den Buddhismus (BD) insbesondere gegenüber den theistischen Religionen auszeichnen:

    * Der BD braucht keinen Gott.

    * Er interessiert sich auch nicht besonders für den Ursprung der Welt, sondern will einfach nur pragmatisch das Leid in der heutigen Welt verringern.

    * Sein Begründer war ein ganz normaler Mensch, kein "Heiliger".

    * Im BD wurde von anfang an Wert darauf gelegt, daß die Schüler die Lehrinhalte kritisch diskutieren, sie praktisch ausprobieren und sie wirklich mit ihrem eigenen Verstand und Gefühl durchdringen. Es wird also die Wahrheit der Aussagen und Methoden nicht einfach behauptet und durch ein Angst-System aufgezwungen, sondern die Wahrheiten werden immer wieder frisch nachgeprüft und gegebenenfalls korrigiert - so wie die Aussagen der Natur-Wissenschaften.

    * Der BD sah die Welt - schon lange vor der modernen Wissenschaft - als kausales Netzwerk von Prozessen. Es gibt demnach keine beständigen "Dinge", da diese Dinge in Wirklichkeit auch nur Prozesse sind, die aufhören, sobald ihre Existenz-Bedingungen nicht mehr gegeben sind. Insbesondere bestreitet der BD daher die Existenz eines dauerhaften "Selbst" bzw. einer "Seele".

    * Die Meditations- und Achtsamkeits-Methoden des BDs greifen näher an der Wurzel des menschlichen Leidens an, als irgendeine andere Heilslehre. Sie wirken bis auf die Mikro-Psychodynamik. Gleichzeitig werden aber auch die eher "makroskopischen" Bereiche kontrolliert: Rechte Lebensführung, rechtes Sprechen, usw.

    * Außer der möglichst weitgehenden Überwindung des Leidens für alle leidensfähigen Lebewesen werden aber keine Einschränkungen gemacht, wie sich die Menschheit in der Zukunft gefälligst zu entwickeln hat. Offene Weite.

    FORTSETZUNG FOLGT.
  • Arbeit und LohnDatum01.02.2009 15:30
    Foren-Beitrag von claus im Thema Arbeit und Lohn
    * Erhaltungssätze in der (Finanz-)Wirtschaft

    Es ist traurig, wie schlecht ich immer noch die Öknonomie verstehe ! Trotzdem scheint es doch wirklich so zu sein, daß Geld, auch wenn es nur aus Bits in Computern besteht, aus dem Nichts "geschöpft" werden kann. Siehe z.B. das Video

    http://video.google.de/videoplay?docid=-9050474362583451279

    oder den Wikipedia-Artikel

    http://de.wikipedia.org/wiki/Geldsch%C3%B6pfung

    Noch besser scheint folgender Artikel zu sein:

    http://rpoth.at/econ_creation.shtml

    Ich wünsche mir aber eine knappe Auflistung und Bilanzierung der Transaktionen bei der Geldschöpfung. Den naiven Vorgang ohne Geldvermehrung kriege ich noch selber hin:

    t1: S --100--> B (Sparkonto-Kunde S zahlt 100€ in sein Bankkonto)
    t2: B --100--> K (Bank B gibt Kunden K einen Kredit von 100€)
    t3: K --150--> B (Kunde zahlt Kredit zurück plus 50€ Zinsen)
    t4: B --110--> S (Sparkunde S hebt seine 100€ ab plus 10€ Zinsen)
    ----------------------
    Bilanz:
    S: +10€
    B: +40€
    K: -50€
    Summe: 0 (Erhaltung)

    OK, wie geht das nun mit der Geldvermehrung ? Hat jemand da draußen die Energie, obigen rpoth-Artikel in dieser Weise aufzuarbeiten ? (-:

    Gerade fällt mir noch ein: Es wäre gut, wenn die Bilanzierung soweit getrieben wird, daß man den letztendlichen Effekt der finanziellen Transaktionen auf den physikalischen Zustand der Welt sehen kann. Also z.B. könnte S ein Bauer sein, der die 100€ ursprünglich durch den Verkauf seiner Kartoffeln erarbeitet hat. Und so weiter ...
  • Arbeit und LohnDatum01.02.2009 14:13
    Foren-Beitrag von claus im Thema Arbeit und Lohn
    * Motivation:

    Ich finde es immer wieder erstaunlich, daß so viele - auch sehr junge - Menschen nicht einmal motiviert sind, über das Internet Neues zu lernen. Ich persönlich bekenne mich frei zu einer unstillbaren Informationssucht. Jeden Tag entdecke ich 'zig unglaublich spannende Themen, denen nachzugehen meine Lebenszeit um Größenordnungen zu kurz ist. Aber diese Neugier scheint nicht der Normalfall zu sein. Erst kürzlich hat ein ehemaliger Diplomand von mir, nun Lehrer am Gymnasium, von einer Physikstunde erzählt, in welcher er seinen Schülern über die Evolution des Kosmos vom Urknall bis zur Entstehung des Lebens berichtet hat. Eine Schülerin soll dazu gesagt haben (während sie ihre Fingernägel pflegte), es reiche ihr völlig, wenn sie wisse wo ihre Eltern und Großeltern herkommen....

    ----------------------

    Übrigens leide ich in diesem Forum gerade schon wieder am meinem alten Problem:

    http://176002.homepagemodules.de/t3f4-Ag...tion.html#msg11

    -----------------------
  • Aggregation von InformationDatum01.02.2009 13:55
    Thema von claus im Forum Wissenschaft 2.0
    Qualitäts-Aggregation
    ---------------------

    Was ich bei den meisten Web-Kommunikationstools wie Email, Blogs, Mailinglisten und Internetforen vermisse, ist die Förderung von Informations-Aggregation. Es gibt da im besten Fall nur lange Threads von kleinen Beiträgen zu einem Thema, aber diese werde nicht regelmäßig zu kondensierten Artikeln zusammengefaßt. Auf diese Weise wächst der Thread nur in der Quantität, nicht qualitativ. Es sammelt sich so immer mehr Redundanz an und man muß immer mehr lesen.

    Wäre es nicht wünschenswert, wenn der Web-Service das Entstehen von hierarchischen Wissens-/Ideen-Sammlungen aktiv unterstützen würde ? Wenn man z.B. in regelmäßigen Abständen gezwungen würde, die kleinen Info-Happen in ein Größeres zu intergrieren und die kleinen Beiträge danach zu löschen ! Überhaupt finde ich das Entfernen von Redundanz sehr wichtig für die Qualität einer Datenbank.

    In dieser Hinsicht sind Wikis bereits wesentlich aggregativer. Dort ist das Ziel, nicht nur immer mehr schlechte Artikel hinzuzufügen, sondern die vorhandenen fortlaufend zu verbessern.

    Quellen-Aggregation
    -------------------

    Ein anderer Aspekt von Aggregation ist die Zusammenführung von Information aus vielen verstreuten Quellen an einen Ort. Dies erfordert i.a. auch gewisse Format-Konversionen.

    Eine typische Situation: Man findet ein neues, tolles Informations-Tool, hatte aber bisher schon verschiedene andere benutzt. Nun möchte man die alten Einträge möglichst effizient "umziehen". Oft erhält man ja auch Emails mit Informationen, die für ein bestimmtes Projekt relevant sind. Die liegen dann im Email-Client, statt zentral in einem Projekt-Ordner. Oder man benutzt für unterwegs ein Notizbuch, usw..

    Demokatische Aggregation
    ------------------------

    Eine andere Spielform automatisierter Aggregation wäre die Emergenz von Verhaltensregeln/Gesetzen. Man stelle sich eine diskutierende Gemeinschaft von Individuen vor, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiten (wissenschaftliches Projekt, Gründung eines Vereins, eines Landes ...). Das Aggregationssystem sollte dabei helfen, daß sich aus den vielen speziellen Beiträgen langsam allgemeine Regeln (z.B. Ziele und Methoden des Projekts, Verhaltens-Protokolle, etc.) bis hin zu fundamentalen Grundsätzen herauskristallisieren.
  • Arbeit und LohnDatum25.01.2009 14:45
    Foren-Beitrag von claus im Thema Arbeit und Lohn
    > Wie sieht die Verteilung des Grades der Angenehmheit von Arbeit aus ?

    Siehe hierzu "http://de.statista.org/statistik/diagram...etzigen-arbeit/"

    Eigentlich gar nicht übel für unser Jammer-Land ...

    > Nebendiagonale der Antwortmatrix

    Denkst du ernsthaft, die Meinung der Nicht-Betroffenen zu einem Thema sollte mehr Gewicht haben als das der Betroffenen ? Aus früheren Diskussionen mit Dir weiß ich, daß Du auch ein Befürworter der Kompetenz-Gewichtung bist. Du würdest also Fragen gerne von Leuten entscheiden lassen, die objektiv ihre Kompetenz in der jeweiligen Sache nachgewiesen haben, aber selbst nicht betroffen sind ?

    Andererseits wissen aber die Betroffenen meist am besten, worauf es in ihrem Feld ankommt. Vielleicht könnte man ein intelligenteres Verfahren konstruieren, welches auf andere Weise verhindert, daß die Betroffenen ihr eigenes Wohlergehen über das der Allgemeinheit stellen.
  • Recht auf Illusionen ?Datum25.01.2009 14:06
    Foren-Beitrag von claus im Thema Recht auf Illusionen ?
    > Die Widerspruchsfreiheit alleine wäre hinreichend für die Wahrheit, wenn alles bekannt wäre ?

    Kann man denn davon ausgehen, daß es nur ein einziges widerspruchsfreies Super-Modell (ineinandergreifendes System von Einzelmodellen zu allen objektivierbaren Wirklichkeitsbereichen) gibt ? Da ist die Wissenschaftstheorie vermutlich anderer Meinung. Ich persönlich muß bei dieser Frage immer an die vielen gleichberechtigten Axiomensysteme der Mathematik denken, oder auch an die Tatsache, daß es für manche Gleichungen in dem einen Raum (z.B. ganze Zahlen) zwar nur eine einzige, in anderen Raümen (z.B. komplexe Zahlen) aber viele Lösungen geben mag.

    > Das Wissen um die Unwissenheit fordert den Ökonomieanspruch.

    Bitte um kurze Erläuterung.

    > Die Offenheit für Verbesserung folgt aus Widerspruchsfreiheit und Ökonomieanspruch ?

    OK. Wenn uns das perfekte Weltmodell einfach fix und fertig in die Hände fallen würde (gesetzt den Fall unsere kognitive Ausstattung wäre hinreichend um alles zu verstehen), bräuchten wir nicht weiter schrittweise unsere unvollkommenen Modelle verbessern. Aber so sind auf eine evolutionäre Weiterentwicklung unserer Theorien angewiesen. Während die Widerspruchsfreiheit ständig als Randbedingung erfüllt sein muß, gibt es eben auch für Theorien die mem-dynamischen Prozesse der Mutation, Bewertung, Selektion und fitness-abhängigen Verbreitung. So kann die Anzahl der erklärbaren Fakten und die Ökonomie immer weiter gesteigert werden. Und damit evolutionäre Optimierung funktionieren kann, ist Offenheit erforderlich.

    > Die angesprochene Konsensbildung ist überflüssig für die Definition ?

    Ist mir schon klar, daß Dir die Konsensbildung etwas zu sehr nach Subjektivität und Beliebigkeit riecht. Du hättest gerne nur Widerspruchsfreiheit und optimierte Ökonomie in der Definition, alles andere soll sich zwingend ergeben.

    Ich sehe halt das praktische Problem, daß im Wissenschaftsbetrieb z.B. immer wieder Begriffe neu eingeführt werden (z.B. "Communities" in der Theorie komplexer Netzwerke). Solche Neubildungen gehen aus unscharfen Intuitionen hervor. Die endgültige Definition bildet sich aber erst heraus, indem der Begriff von vielen Wissenschaftlern leicht unterschiedlich verwendet wird und sich schließlich eine Verwendungsweise durchsetzt. Das meine ich mit Konsensbildung.

    Man könnte es auch so sehen: Die Wissenschaftler bilden ein soziales Netzwerk, das als Ganzes wesentlich leistungsfähiger ist, als jeder Einzelne. Konsensbildung (analog Musterbildung) ist ein interessanter Prozeß der Selbstorganisation, der gute Theorien produziert.

    > Konsensbildung stellt einen Zirkelschluss dar, der zur Immunisierung gegen Kritik eingesetzt wird.

    Bitte auch hier eine kurze Erläuterung. Ich verstehe zwar Deinen nachfolgenden Absatz über die objektiv falschen Grundannahmen in der Religion und die unglaublich lange Lebensdauer solchen Unsinns. Ich würde aber gerne noch herausarbeiten, was den Unterschied zur Wissenschaft genau ausmacht. Warum hat es die Kirche nie geschaft, sich von den falschen Annahmen zu befreien ? Die Wissenschaft lernt doch ständig dazu und fühlt sich auch noch großartig, wenn sie alte Theorien durch sexy neue ersetzen kann !
  • Arbeit und LohnDatum25.01.2009 12:11
    Foren-Beitrag von claus im Thema Arbeit und Lohn
    * Motivation der Teilnehmer:

    Wenn eine Person dauerhaft unmotiviert ist, an irgendwelchen Projekten teilzunehmen, wenn sie mit dieser Situation zufrieden ist, und wenn die Gesellschaft sich die Auszahlung der GV leisten kann, sehe ich kein Problem. Aber meine Hoffnung ist, daß eine längere Phase in unzufriedener Projektlosigkeit die Motivation für neue Projektaktivitäten selbst hervorbringt, wenn der Wieder-Einstieg wirklich einfach gemacht wird.

    * Finanzieller Anreiz:

    Es gibt unter den Stundenten - insbesondere in den Wissenschaften, sicher auch in den "Humanities", weniger in der BWL - glückerweise noch viele Idealisten, die ihr Fach aus echtem Interesse, oder zur Vermeidung anderer Alternativen studieren. Von den jungen Physikern aus meinem Umfeld sehen geschätzt weniger als 5% den finanziellen Aspekt als besonders wichtig an.

    * Schwarzarbeit und positive Rückkopplung:

    Klar, neue Nischen werden in der Evolution exponentiell schnell besetzt, bis Sättigung der Resourcen oder plötzliche Änderungen (Innovationen, neue Gesetze, etc.) eintreten. Aber bei der Schwarzarbeit liegt das Problem doch in den verrückt hohen Steuern. Wenn jede Person, unabhängig von ihren beruflichen Aktivitäten, einen einheitlichen Betrag an Steuern bezahlt, dem man sich in keiner Weise entziehen kann, dann gibt es keine Schwarzarbeit mehr. Oder ?

    * Währungs-Erhaltung:

    Ich habe Zweifel an dem Erhaltungssatz vorallem wegen dem Zins-Phänomen und wegen des stark virtuellen Charakters der heutigen Finanzwirtschaft (Wetten auf Wetten auf Wetten ...). Banken können virtuelles Geld aus dem Nichts schaffen (siehe hierzu unten im Form: Complexity Bookmarks > Money as Dept).

    Da ich die virtuelle Finanzwirtschaft aber nicht verstehe, ziehe ich es auch vor, den ganzen Prozeß physikalisch zu betrachten und mich nur auf den Materiefluß zu konzentrieren. Soweit stimme ich Dir zu: Die Materie fließt von den natürlichen Resourcen in die Produkte. Nach deren Lebensdauer geht bislang leider nur ein kleiner Teil ins Recycling, aber das läßt sich ja prinzipiell technisch in den Griff kriegen.

    Soweit ist alles Material/Energie erhalten, wie es sich gehört, auch wenn an den Materie-Fluß dieses seltsame Finanzsystem angekoppelt ist. Der Tausch-Wert eines Finanzobjektes ist ja im Grunde nur eine subjektive Zuschreibung, da ändert auch das Konzept des Markt-Gleichgewichtes nichts daran. Wieso sollten für subjektive Einschätzungen aber Erhaltungssätze gelten ?
  • Arbeit und LohnDatum23.01.2009 10:42
    Foren-Beitrag von claus im Thema Arbeit und Lohn
    Danke, Hans, ein ausgezeichneter Post ! Anbei einige Bemerkungen und Fragen zu Deinen einzelnen Punkten:

    * Zusatz-Funktionen des Arbeitens:

    Ich stimme zu, daß das kooperative Verfolgen von Zielen viele äußerst wünschenswerte soziale Nebeneffekte beinhaltet.

    Aber durch das Grundeinkommen soll ja Arbeit keineswegs unterdrückt werden. Vielmehr wäre meine Hoffnung, daß die Grundversorgung (GV) Lebens-Zeiträume ermöglicht, in denen einmal keine unmittelbar nach außen sichtbaren Leistungen erbracht werden müssen. Man könnte sich in solchen Phasen z.B. umorientieren, neues lernen, Kontakte knüpfen, etc..

    In gewissem Sinn ist diese Möglichkeit ja bereits heute durch die versch. Formen der Arbeitslosen-Unterstützung gegeben. Allerdings sind diese mit dem Makel des Versagens behaftet. Indem Leben auf der Basis der GV der Normalfall wird, dürfte dieser Makel langsam verschwinden.

    Außerdem wäre ich dafür, die GV nicht zu hoch anzusetzen, so daß noch genügend Anreiz besteht, durch Arbeit die eigene Situtation zu verbessern.

    Die über die GV hinausgehende Bezahlung für durchgeführte Arbeiten sollte man äußerst flexibel gestalten, insbesondere ohne langfristig bindende Arbeitsverträge. Wenn jeder immer in mehr oder weniger vielen bezahlten, zeitlich begrenzten Projekten tätig ist, verliert der Satz "X ist arbeitslos" an Aussagekraft. Es gibt nur noch ein Kontinuum. Und die Projektleiter können auch scheinbar weniger qualifizierten Mitarbeitern eine Chance geben, weil sie nicht viel zu verlieren haben. Natürlich müßte man sehen, wie man gewisse Qualitäts-Standards einhalten kann.


    * Immaterielle Gegenleitungen:

    Als naiver Idealist liebe ich das Konzept immaterieller Gegenleistungen. Ich finde es nämlich im Grunde traurig, daß heute Prestige so eng an Geld - also Macht - gekoppelt ist. Könnte man sich eine zusätzliche, reine Prestige-Währung vorstellen ? Für diese könnte man sich zwar keine materiellen Güter kaufen, aber z.B. die Berechtigung, bei den besonders spannenden Projekten mitzumachen. Oder man könnte Kompetenz-Punkte sammeln, die einem bei Abstimmungen ein höheres Gewicht verleihen ...

    * Frage: Was genau meinst Du mit dem Erhaltungssatz virtueller Währungen ? Sind Währungen nicht gerade durch das Fehlen eines Erhaltungssatzes ausgezeichnet ?

    * Zu Deinen anderen spannenden Ideen im letzten Post werde ich noch Stellung nehmen.
  • Arbeit und LohnDatum22.01.2009 16:09
    Thema von claus im Forum Gesellschaft 2.0
    * Ist das Konzept einer relativ einheitlichen Grundversorgung für alle Bürger ein brauchbares Konzept für eine zukünftige Gesellschaft ?

    * Ist kostenloses Schaffen neuer Produkte (aus Begeisterung und Freude am Arbeitsprozeß) und deren kostenloses Bereitstellen für die Öffentlichkeit (Open Source Freeware Idee) ein Zukunftsmodell für immer mehr Lebensbereiche ?

    * Gesetzt den Fall, in einer zukünftigen Gesellschaft sind immer noch einige UNANGENEHME Arbeiten von Menschen zu erledigen. Dann scheint eine angemessene Entlohnung nach wie vor sinnvoll. Sollte sich die Entlohnung vorallem nach dem Nutzen der Arbeit für die Allgemeinheit richten, oder nach dem Leid für den Arbeitenden ? Was sind gerechte Kriterien für Entlohnung ? Wie könnte man ein automatisches soiales Netzwerk-System installieren, das gerechte Löhne findet (Natürlich jenseits vom Modell des freien Marktes - dieser scheint ja im Bereich der Arbeit schlecht zu funktionieren) ?
  • Recht auf Illusionen ?Datum22.01.2009 14:42
    Thema von claus im Forum Religion 2.0
    Als Wissenschaftler habe ich ein professionelles Interesse an der "Wahrheit".

    Dabei mag mein Begriff von Wahrheit einem Philosophen recht naiv erscheinen: Ich verstehe darunter, wie vermutlich die meisten Physiker-Kollegen, die Eigenschaft eines Modelles der "Wirklichkeit", in sich widerspruchsfrei und ökonomisch (so einfach wie möglich), sowie natürlich mit den vorliegenden Experimenten kompatibel zu sein. Alle Aspekte der Entwicklung und Überprüfung dieser Modelle sind in der Wissenschaft offen für Kritik und ständige Verbesserung. Durch Konsens-Bildung innerhalb der Gemeinschaft der Wissenschaftler erhalten die Forschungs-Resultate "objektiven" Charakter.

    Die objektive Wissenschaft und ihre praktische Umsetzung in der Technik, die ich für eine der größten Erfolgsgeschichten in der Evolution des Menschen halte, beruhen also im Kern auf dem methodischen Streben nach Wahrheit im obigen Sinne.

    Es stellt sich aber die Frage, ob im subjektiven Bereich der Psyche einzelner Menschen ebenso ein unbedingtes Streben nach Wahrheit wünschenswert ist. Könnte es nicht sein, daß gewisse, objektive Befunde über die Natur des menschlichen Daseins (z.B. die Nichtigkeit des Planeten Erde im kosmischen Gesamtgeschehen, die neurobiologisch zweifelhafte Willensfreiheit, usw.) kein zufriedenes Leben mehr ermöglichen ? Hätten wir in diesem Falle nicht das "Recht", bewußt in selbstgeschaffenen Illusionen leben ? Oder führt jede mangelnde Übereinstimmung zwischen Modell und "Wirklichkeit" früher oder später zu noch größerem Leid ?

    Diese Frage möchte zur Eröffnung dieses neuen Diskussions-Threads aufwerfen.
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